Abe Frajndlich. Chameleon
Er hat Kreative aus Musik, Kunst und Showbiz porträtiert, die Grenzenlosigkeit der Großstadt surreal abgebildet und die Größen der Fotogeschichte vor die Kamera geholt. Mit ABE FRAJNDLICH. CHAMELEON präsentiert das Kunstfoyer die schillernde Themenvielfalt des amerikanischen Fotografen Abe Frajndlich (*1946, Frankfurt am Main). Auch Facetten seiner Biografie, die zwischen vielen Welten changiert, finden in der Ausstellung ihren Platz.
Zu sehen sind rund 200 Arbeiten ab den 1970er-Jahren, darunter Frajndlichs früheste Vintage-Prints aus Cleveland. Straßen, ob in New York, wo der Fotograf lange Zeit zu Hause war, oder in anderen Orten seiner Lebensreise, sind immer wieder die Bühne seiner Bilder. Eine zufällige Begegnung in den Straßen Londons mit John Kobal, dem Sammler und Verleger von Hollywood-Porträts des 20. Jahrhunderts, führten Abe Frajndlich dann zu „seinen“ Themen Identität, Freiheit und Fotografie.
Ein Schwerpunkt der Retrospektive präsentiert Porträts von Künstlerinnen und Künstlern, die Abe Frajndlichs Leben beeinflusst haben. Das sind allen voran die Performerin Rosebud Conway, genannt „Rosie“, sowie Minor White, Fotograf, Gründer des Magazins Aperture und Frajndlichs fotografischer Mentor. Nach seinem Buch Lives I’ve Never Lived über Minor White beschloss Frajndlich, Bilder von Fotografinnen und Fotografen zu machen, die aus seiner Sicht das 20. Jahrhundert beeinflusst hatten. Daraus wurde Masters of Light – Frajndlichs erste große Serie in Farbe, die als Publikation und Ausstellung von Eastman Kodak zum 150-jährigen Jubiläum der Fotografie produziert wurde. Jedes dieser inszenierten Bilder der Ikonen spielt ganz individuell auf Aspekte ihres Lebens oder ihrer Arbeit an.
Im Auftrag des FAZ-Magazins konnte Frajndlich in den 1980er- und 1990er-Jahren seinen persönlichen Einblick in die amerikanische Kunstszene geben. Beispiele dafür sind Atelier-Stories mit Cindy Sherman, Nancy Spero und David Ireland, die hier erstmals zu sehen sind.
Mal mit einem Spiegel, mal mit einer Maske oder einer Gruppe von Zuschauerinnen und Zuschauern verwandelt Frajndlich Realitäten in Illusionen. So öffnet er dem Publikum einen Zugang zu Emotionen oder Ironie, die sich in seinen experimentellen Stadtszenen ebenso zeigen wie in den sinnlichen Assoziationen aus seinem Buch Eros Eterna, ohne die das Chamäleon Frajndlich nicht denkbar wäre. Mit der geheimnisvollen Mehrdeutigkeit, die vielen seiner Bilder innewohnt, gelingt es Abe Frajndlich meisterlich, die Geschichte der Fotografie, die Vielfältigkeit des Mediums und den Blick der Betrachter auf sich selbst miteinander zu verknüpfen.
ABE FRAJNDLICH. CHAMELEON wurde kuratiert von Celina Lunsford, künstlerische Leiterin des Fotografie Forum Frankfurt, und Co-Kuratorinnen Esra Klein und Andrea Horvay.
Biografie
Geboren wurde Abe Frajndlich 1946 im Frankfurter Stadtteil Zeilsheim, in einem Lager für Displaced Persons (DP Camp). Seine Eltern hatten die Shoah überlebt, weitere Familienmitglieder waren in Vernichtungslagern umgekommen. Nach dem frühen Tod des Vaters war seine Mutter mit dem kleinen Abe nach Israel gegangen. Nach einer neuen Heirat führte der Weg die junge Familie über Deutschland und Frankreich nach Brasilien; dort starb seine Mutter. Abe kam in die USA, wo er von der Schwester seines Stiefvaters, Simone Witorz Frajndlich und ihrem Mann David Frajndlich adoptiert wurde.
Zehn Jahre alt war Abe da, ein globales Kind, das Deutsch, Jiddisch, Französisch, etwas Portugiesisch und schnell Englisch sprach, und die Abenteuer von Roy Rogers und anderen Westernhelden liebte. Seine erste Kamera bekam er mit zwölf. Seitdem bestimmten Licht und Literatur seinen Weg.
Sein Literaturstudium an der Northwestern University (Illinois) beendete Frajndlich mit einem Master über James Joyce’ Ulysses. 1970 wandte er sich der Fotografie zu. Von 1984 bis 2016 lebte Abe Frajndlich in New York, heute lebt und arbeitet er in Cleveland. Seine Bilder wurden vielfach in den USA und Europa ausgestellt und befinden sich in wichtigen Sammlungen, u.a. im Whitney Museum of American Art (New York City), Musée Nicéphore Niépce (Chalon-sur-Saône, Frankreich), Museum Ludwig (Köln), im Jüdischen Museum (Frankfurt) und in der National Portrait Gallery (Washington, D.C).
Ab 1985 arbeitete Frajndlich für Magazine, darunter The New York Times Magazine, LIFE, The London Observer, Vanity Fair und das FAZ-Magazin. Zu den verschiedenen Projekten und Themen seines Schaffens sind bislang neun Monografien erschienen, darunter Penelope’s Hungry Eyes (2011), Abe Frajndlich, Portraits (2000) und Seventyfive at Seventyfive (2022).