Pravoslav Sovak. Retrospektive.
Pravoslav Sovak gehört zu den bedeutenden Künstlern der Gegenwart. 1926 wurde er in Böhmen geboren. Seit 1969 lebt er in der Schweiz. Mit seinen Werken, in denen komplexe Techniken von der Ätzradierung bis hin zur seltenen Fotogravüre zum Einsatz kommen, provoziert er philosophische Fragestellungen.
Er studiert den Zeitbegriff und insbesondere die durch die Medienwelt veränderte Wahrnehmung, die Wirklichkeitserfahrung aus zweiter Hand: „Die Sehweise der Fotografie, der Kamera oder der Fernsehkamera ist eine „Sehweise“, die längst allgemein akzeptiert ist: Die nicht direkt, sondern indirekt – technisch – vermittelte Wirklichkeit nehmen wir visuell als eigentlich direkt gesehene Wirklichkeit auf, den technischen Vermittlungsfaktor klammern wir schlichtweg aus.“ (Pravoslav Sovak)
Der Entstehungsprozess einer einzigen Zeichnung dauert bei Sovak manchmal mehrere Jahre, immer wieder überarbeitet und verändert er sie. Die engmaschigen, die Grafiken oft in Gänze überziehenden Schraffuren erfordern intensives Betrachten. Dabei wird der Blick durch eine scheinbar aus der Tiefe des Bildes strahlende Lichtführung geleitet. Sovaks künstlerischer Ausdruck ist präzise durchgearbeitet, während er das Inhaltliche nicht selten für mehr als nur eine Interpretation offen lässt.
Pravoslav Sovak hat sich seit den siebziger Jahren intensiv mit amerikanischen Motiven befasst. Auf einer Reise nach San Diego beobachtete er aus dem Flugzeug die Wüsten in New Mexiko und Nevada, die er dann mit dem Auto bereiste und immer wieder fotografierte, zeichnete und in grafische Blätter umsetzte. Den größten Kontrast zu seinem Interesse an der noch vom Menschen unberührten Wüste bilden die Raster der Stahl-Glas-Architektur New Yorks, die wiederholt Ausgangspunkt für seine intensiven Studien werden. Einen weiteren Schwerpunkt im Werk von Sovak bilden die „Museums-Blätter“, in denen er den „Kultur-Raum“ untersucht. Diese Blätter werden sorgfältig vorbereitet. Während die Museen geschlossen sind, führt Sovak Besucher vor bestimmte von ihm ausgewählte Bilder und arrangiert ihre Gruppierung, die er dann zunächst im Foto festhält. Diese Fotos bilden später die Grundlage für die Blätter, in denen der Künstler seine ganze Meisterschaft in grafischer Technik entfaltet und gleichzeitig einen Kommentar zur Kunstgeschichte gibt.
Die Retrospektive von Pravoslav Sovak mit rund 120 Werken wurde bereits in unterschiedlichen Konzeptionen im Leopold-Hoesch-Museum Düren, im Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg sowie im Staatlichen Russischen Museum St. Petersburg gezeigt. Im Kunstfoyer der Versicherungskammer Bayern in München wird sie mit Werken aus jüngster Zeit weiter aktualisiert und von einem Filmbeitrag begleitet.
„Das Thema der Wüste hat für mich aus vielen Gründen elementare Bedeutung. Sie ist nicht Landschaft, die mir gehört. Seit ich die Landschaft meiner Kindheit verlassen habe, bewege ich mich durch Städte, Zivilisation, Kulturland. Und allmählich in der Wüste – ein Zugehörigkeitsgefühl, das abstrakter ist als das Zugehörigkeitsgefühl zu einem Baum und einem Haus am Fluss – und doch auf intuitiver Bindung beruht. Die Textur und Topographie der Wüste, ihre Weitsicht und weiten Horizonte: Dimensionen, denen keine politischen Grenzen gesetzt sind, die frei machen, auch arm und neidlos. Eine Landschaft, rein und karg, in der man im eigentlichsten Sinne zum Erdbewohner wird.“ (Pravoslav Sovak).