Peter Keetman. Gestaltete Welt.
Ein fotografisches Lebenswerk.
Anlässlich des 100. Geburtstags von Peter Keetman (1916 – 2005) bietet die umfangreiche Retrospektive die Möglichkeit, das Lebenswerk des Fotografen neu zu entdecken. Nach ersten Stationen im Museum Folkwang in Essen und im Haus der Photographie in den Deichtorhallen, Hamburg wird "Peter Keetman. Gestaltete Welt" im Kunstfoyer der Versicherungskammer Kulturstiftung, München gezeigt.
Die Ausstellung zeichnet nicht nur Keetmans fotografische Laufbahn nach, sondern dokumentiert gleichzeitig die vielgestaltige Karriere des Mediums Fotografie zwischen freiem künstlerischem Schaffen und angewandter Arbeit.
Mit rund 360 Exponaten stellt die Ausstellung in neun Kapiteln Keetman als jungen Wilden der stilbildenden Gruppe fotoform vor. Sie zeigt ihn aber auch als einen der innovativsten und poetischsten Fotografen der Nachkriegszeit, der in seinem umfassenden Oeuvre Natur- und Bewegungsstudien, fotografische Experimente, Industriefotografie und angewandte Arbeit miteinander verband.
Das Werk Peter Keetmans steht heute exemplarisch für die fotografische Nachkriegsmoderne Deutschlands. Seinen Ausgang nimmt dieses Werk in der gestaltlosen und fragmentierten Welt, in den Hinterlassenschaften des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges, aus dem Keetman als Invalide heimkehrte. Die große Originalität und Kraft Keetmans lag darin, diese Wirklichkeit fotografisch neu und konstruktiv gestalten zu wollen, indem er zwei zentrale Strömungen dieser Jahre zusammenführte: Dies war zum einen der modernistische Wille zur Form, zum Experiment und zur Abstraktion, zum anderen die Hinwendung zur Welt, zum Wiederaufbau und vor allem zur Natur, bis hin in ihre elementarsten Bauteile.
Gestalterisch setzen sich Keetmans Fotografien mit formalen Elementen von Bewegung und Struktur auseinander. Der Wiederaufbau Deutschlands, die wieder einsetzende Mobilisierung, das Wirtschaftswunder und die neuen Produkte Made in Germany werden abstrahierend ins Bild übersetzt, wie es beispielsweise Keetmans berühmte Serie über das Wolfsburger Volkswagenwerk von 1953 zeigt. Am Ende der Ausstellung steht „Keetmans Garten“, die Landschaft des Chiemgaus als Ruheort und Inspirationsquelle dieses außerordentlichen Fotografen.
Gestaltete Welt ist seit 20 Jahren die erste Museumsschau zu Peter Keetman, die in enger Kooperation zwischen der Stiftung F.C. Gundlach und dem Museum Folkwang entstand. Die Ausstellung basiert auf der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Nachlässe, die sich in beiden Institutionen befinden.
Kuratiert von F.C. Gundlach, Sebastian Lux, Petra Steinhardt, Florian Ebner
Eine Ausstellung des Museum Folkwang und der Stiftung F.C. Gundlach.
Begleitend zur Ausstellung ist ein Katalog im Steidl Verlag erschienen:
Herausgeber: F.C. Gundlach
Texte: Ludger Derenthal, Florian Ebner, Ute Eskildsen, F.C. Gundlach, Gottfried Jäger, Sebastian Lux und Petra Steinhardt
Gestaltung: Claas Möller
Preis: 48 € / ISBN 978-3-95829-204-8
Biografie
27. April 1916
Geboren in Wuppertal-Elberfeld als Sohn des Bankdirektors Alfred Keetman (Teilhaber des Bankhauses J. Wichelhaus / P. Sohn in dritter Generation)
1926–1937
Erhält erste eigene Kamera (eine Goerz Tenax Balgenkamera 6 x 9 cm für Glasnegative)
Umzug nach Prien am Chiemsee, von 1935–37 Studium an der Bayerischen Staatslehranstalt für Lichtbildwesen bei Hanna Seewald und Hans Schreiner in München
1937–1940
Je einjährige Assistenz bei der lndustrie- und Portraitfotografin Gertrud Hesse (Duisburg) und im Atelier für lndustriefotografie Carl-Heinz Schmeck (Aachen)
1940–1944
Einberufung zum Kriegsdienst, Soldat bei den Eisenbahnpionieren
27. Juni 1944 Schwere Verwundung in Nadwirna (heutige Ukraine), Verlust des linken Beins
1947–1948
Meisterkurs an der Bayerischen Staatslehranstalt für Lichtbildwesen, München Meisterkurs bei Adolf Lazi in Stuttgart, gemeinsam mit Wolfgang Reisewitz beteiligt an den Vorbereitungen zur Ausstellung Die Photographie 1948 im Stuttgarter Landesgewerbemuseum
Beginn der Tätigkeit als freiberuflicher Fotograf
Umzug nach Breitbrunn am Chiemsee
10. August 1949
Aufnahme in die „Freie Arbeitsgemeinschaft junger Photographen”
Mitbegründer der Gruppe „fotoform“ am 17. September 1949 zusammen mit Toni Schneiders, Siegfried Lauterwasser, Wolfgang Reisewitz, Ludwig Windstosser und Otto Steinert
1950 Beitritt von Heinz Hajek-Halke und Christer Christian
1950er Jahre
Beginn der freien Zusammenarbeit mit Gebrauchsgrafikern Michael Engelmann und Rainer Michelfelder unter dem Namen „werbeform“
Regelmäßige Veröffentlichungen in maßgebenden deutschen Fotozeitschriften und Magazinen für Gebrauchsgrafik, Teilnahme an zahlreichen Gruppenausstellungen, Tätigkeit fur lndustrie und Werbung
Arbeit an Reportagen und für die kulturhistorischen Bildbände des Thorbecke Verlags
7.–9. April 1953
Entstehen der Serie Eine Woche im Volkswagenwerk
1960er Jahre bis 2004
Zusammenarbeit mit Grafiker Nikolai Borg
Entstehen mehrerer Fotostrecken zum Orff-Schulwerk
Entstehen zahlreicher Arbeiten zu den Themen Licht, Bewegung und Naturstudien
Kooperation mit Fotografen und Grafikern
1995 Umzug nach Marquartstein
8. März 2005
Peter Keetman stirbt in Marquartstein